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"Die accadis ist ein Juwel in der deutschen Hochschullandschaft"

Ein Interview mit Prof. Dr. Andrea Hüttmann

Dozentin in Rhetorik, Gesprächskompetenz und Präsentation, Leiterin des Fachbereichs “Communication Skills”, der Unternehmenskommunikation und Corporate Relations, jetzt auch Vizepräsidentin - Prof. Dr. Andrea Hüttmann. Wir alle kennen sie und werden dank ihrer Arbeit am Ende unseres Studium hoffentlich ausgewiesene Soft Skill-Experten sein . Jeder, der sie nicht durch die accadis kennt, hat sich vielleicht schon einmal von ihr coachen lassen. Heute haben wir die Ehre, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen: Woher kommt ihre Power? Was sind ihre Geheimnisse? Was bringt sie aus der Fassung? Lest weiter, um das herauszufinden!

Florenz und ich (Julia) treffen Frau Hüttmann im Foyer, wo sie uns strahlend entgegenkommt. Sie lädt uns dazu ein, das Interview mit ihr im „weißen Raum“ durchzuführen. Der weiße Raum ist tatsächlich weiß und zeichnet sich durch einen länglichen, persischen Teppich aus. Wir setzten uns Frau Hüttmann gegenüber, der Himmel ist grau und es regnet. Im weißen Raum strahlt Frau Hüttmann in ihrem gelben Pullover.

Frau Hüttmann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Erst kürzlich wurden Sie vom Senat einstimmig zur Vizepräsidentin der accadis Hochschule gewählt. Was bedeutet diese neue Position für Sie?

Das ist natürlich eine tolle Sache und auch eine Ehre für mich. Ich habe das Gefühl, dass alles, was ich an Leidenschaft, Mühe und Zeit in die Hochschule investiert habe, sich jetzt auch zeigt. Alle meine Bemühungen zahlen sich aus und das ist einfach schön zu sehen. 😊

Manch einer verbindet mich vielleicht zunächst nur mit den “soften” Fächern - Präsentation, Gesprächskompetenz etc. Dass ich mich seit Jahren in ganz anderen Bereichen für die Hochschule stark mache, ist vielleicht nicht jedem bewusst. Der Titel Vizepräsidentin verändert sicher, wie Menschen in und außerhalb der accadis mich wahrnehmen und das freut mich sehr.

Zusammen mit der Wahl zur Vizepräsidentin fiel die Übernahme der Corporate Relations - Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskooperationen - das passt sehr gut zusammen. Beim Auftreten nach außen gibt mir mein neuer Titel natürlich nochmal ein ganz anderes Standing.

Kam die Wahl zur Vizepräsidentin für Sie überraschend?

Frau Meinl hatte schon des Öfteren erwähnt, dass wir zusammen eine neue Position finden sollten, die zu dem, was ich für die Hochschule leiste, gut passt. Im Zuge dessen kam ihr diese Idee. Es kam also nicht wirklich überraschend.

Egal vor welche Aufgabe man Sie stellt, sie wird von Ihnen mit höchster Souveränität gemeistert. Diesen Eindruck hinterlassen Sie jedenfalls bei einem Großteil unserer Kommilitonen. Durch was kann man Sie jedoch total aus der Fassung bringen?

Naja, ich wäre ja kein guter Coach, wenn ich nicht auch ein empfindsamer Mensch wäre. Im Herzen bin ich eigentlich schon sehr sensibel. Von daher machen mir viele Dinge etwa aus - z. B. wenn in meiner Vorlesung einige Studenten in der letzten Reihe sitzen und völliges Desinteresse signalisieren. Das ärgert mich. Selbst wenn man gerade nicht interessiert ist, werte ich so etwas als unhöfliches Verhalten. Und gerade das ist ja meine Aufgabe, den Studierenden abzugewöhnen. Ich rege mich eigentlich dauernd über Dinge auf. Ich mag es gar nicht, wenn Menschen in der Zusammenarbeit kein Rückgrat zeigen und nicht auch einmal Klartext reden. Im Laufe meines Lebens habe ich allerdings gelernt, mir nur noch wenige Dinge wirklich zu Herzen zu nehmen. Alles andere macht keinen Sinn. Ansonsten bringe ich mich eher selbst aus der Fassung, indem ich mir meist sehr viel vornehme und dann unter meiner Arbeitslast ächze. Das kommt durch meine sehr ausgeprägte Bereitschaft, mich überall zu engagieren.

Was motiviert Sie, jeden Morgen aufs Neue aufzustehen und in die accadis zu fahren?

Ich liebe einfach die Arbeit mit den jungen Menschen. Ihnen etwas beizubringen, ihnen bei ihrer Weiterentwicklung zur Seite zu stehen, das empfinde ich als sehr sinnhaft. Außerdem ist es wirklich äußerst angenehm, in so einer schönen Hochschule mit so einem tollen Team zu arbeiten. Ich selbst habe mein Studentenleben und die Universität geliebt und da passt es natürlich super, dass ich nun weiterhin an einer Uni arbeite. Das Umfeld ist einfach unheimlich dynamisch - Langeweile kennen wir hier nicht. Und die jungen Leute fordern einen jeden Tag aufs Neue heraus.

Was haben Sie vor der accadis gemacht?

Nach meinem Studium der Neueren Fremdsprachen und BWL war ich fünf Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Romanische Philologie der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Während dieser Zeit habe ich meine Doktorarbeit über spanisches Theater geschrieben, wo ich u.a. vier Monate in Madrid geforscht habe.

2000 und 2002 wurden unsere Söhne geboren. Da war ich gerade mit meiner Dissertation fertig. Da ich mich nach meiner Uni-Karriere im Grunde auf dem freien Markt neu erfinden musste, wurde ich zu Hause schnell unruhig und habe mich 2002 bereits als Coach und Trainer selbstständig gemacht. Über einen Zufall - eine Bekannte, die damals noch an der accadis gearbeitet hat - kam ich 2006 in Kontakt mit der Hochschule. Frau Meinl war der Meinung, dass sie mich gut gebrauchen könnte, und so fing ich dann bald darauf an der accadis an - im Juni 2006.

Gesprächskompetenz, Reden halten, vor vielen Menschen frei sprechen. Wenn die meisten Menschen nur daran denken, wird ihnen schon Angst und Bange und Sie haben sich diese Themen zum Beruf gemacht. Wie kam es dazu?

Früher war ich selbst recht zurückhaltend. Als Schülerin wäre ich lieber im Erdboden versunken, als vor einer großen Menge Menschen zu sprechen. Freiwillig hätte ich mich damals nie auf eine Bühne gestellt. Ich bin eigentlich erst im Studium so richtig aufgeblüht. Es gab zwei Professoren, die recht viel von mir hielten und mich sehr gefördert haben. Während dieser Zeit habe ich eine Menge an Selbstvertrauen gewonnen. Während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich viele Studierende unterstützt und ihnen z. B. bei ihren Diplomarbeiten mit Rat und Tat zur Seite gestanden. In dieser Zeit habe ich natürlich auch unterrichtet. Auf einmal passte alles perfekt zusammen und ich entdeckte meine Berufung für die Lehre, das Coachen, mein Trainer-Dasein.

Was ist Ihr Lieblingsbuch?

Eine schwere Frage… Also meine Lieblingsautorin im Studium war Virginia Woolf und “Der Englische Patient” ist definitiv eines meiner Lieblingsbücher, es ist allerdings nicht von ihr.

Alle Bachelorarbeiten sind korrigiert und Ihr neuestes Buch ist gerade auf dem Markt erschienen… Wie verbringen Sie Ihren freien Sonntag?

Als erstes schlafe ich aus, d. h. bei mir allerdings bis ca. 8:30 Uhr. Danach am liebsten ein Mini-Frühstück und erst einmal Sport machen. Am allerliebsten gehe ich schwimmen, sonst aber auch ins Fitnessstudio oder laufen. 🏋🏼Zusammen mit der Familie machen wir im Sommer auch öfter Fahrradtouren, die ruhig auch etwas länger sein können und uns fordern. Ich räume aber auch sehr gerne einfach mal zu Hause auf, natürlich nicht die Klamotten meiner Söhne, aber es macht mir tatsächlich Spaß, Dinge zu sortieren, Klarschiff zu machen. Eine Sache, die mir zum Beispiel wirklich Freude bereitet, ist das Sortieren von Fotos. 😊Der Sonntag ist für mich ein Tag für die Familie - ich mag es sehr, wenn alle zu Hause herum wurschteln und wir zum Essen zusammenkommen. Ich genieße es, sonntags die Dinge eher langsam angehen zu können.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der accadis vor? Was sind Projekte und Ziele, die Sie mit der Hochschule noch unbedingt erreichen wollen?

Ich glaube, wir machen bis jetzt schon sehr viel richtig. Nicht umsonst legen unsere Absolventen auf dem Markt tolle Karrieren hin. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht immer noch besser werden können. Wir denken z. B. über die Einführung des Studiengangs Wirtschaftsinformatik nach. Ansonsten finde ich, dass wir unseren Weg einfach mit noch mehr Selbstbewusstsein, Stolz und einer gewissen Lautstärke weitergehen sollten. Wir leisten hier hervorragende Arbeit - darauf müssen wir noch mehr Aufmerksamkeit lenken. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier etwas Tolles geschaffen haben: accadis ist quasi ein Juwel in der Hochschullandschaft. ☺ Mein Ziel ist es, die accadis zu einer Target School zu machen und den Ruf etwa einer WHU zu erlangen. Die Qualität bei uns stimmt schon - nur die Reputation muss noch geschliffen werden. Unternehmen sollten schon ein Jahr vor dem Abschluss der Studenten bei uns auf der Matte stehen, um Ausschau nach ihren High Potentials zu halten.

Sie sind, nur um einige wenige Beispiele zu geben, eine liebende Mutter, Ehefrau, Leiterin der Kommunikationsabteilung, Vizepräsidentin und haben vor kurzem erst Ihr neues Buch veröffentlicht, was ist Ihr Geheimnis?

Um erfolgreich zu sein, braucht man immer mehrere Dinge. Zunächst einmal arbeite ich einfach ausgesprochen gerne. Mein Ziel war es nie, so viel Freizeit wie möglich zu haben, sondern so viele Projekte wie möglich voranzutreiben und etwas zu schaffen. Davon, im Liegestuhl zu liegen, kriege ich ohnehin Rückenschmerzen ☺. Zudem habe ich einen Mann, der mich immer unterstützt und mich in meinen Tätigkeiten fördert. Meine Chefin, Gerda Meinl hat, besonders als meine Kinder noch klein waren, immer dafür gesorgt, dass ich beispielsweise nur morgens unterrichte. So hatte ich damals genug Zeit für meine Familie. Frau Meinl hat mir auch immer vertraut und mich einfach machen lassen - so konnte ich zeigen, was ich kann. Ich habe natürlich auch Glück, denn ich wohne in nächster Nähe zur accadis und hatte noch nie einen weiten Weg zur Arbeit. Ich habe einfach auch sehr viel Energie und bin sehr gerne in Bewegung. Mir macht meine Arbeit irrsinnig viel Freude. Ich glaube, ein Geheimnis ist, dass ich immer meinem Herzen gefolgt bin. Das war richtig so. Denn das, was ich mache, fühlt sich für mich auch immer gut an.


Was wäre in Ihrem Leben – neben Familie, Freunden und Beruf – nicht wegzudenken?

SPORT! Außerdem ist mir meine Heimat sehr wichtig, denn hier fühle ich mich wohl und hier bin ich aufgewachsen. Ich bin zwar in Bielefeld geboren, aber mit 2 Jahren nach Bad Homburg gezogen. Ich verbinde einfach sehr viel Positives mit dieser Stadt und dem gesamten Rhein-Main-Gebiet.

Auf welchen wesentlichen Werten beruhen Ihre täglichen Handlungen, Entscheidungen und Pläne?

Das Gefühl, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, ist mir wichtig. Das tue ich als Dozentin mit meinen Soft Skill-Fächern, aber auch als Coach. Hilfsbereit sein, Menschen stark machen, das Miteinander der Menschen untereinander verbessern - dafür arbeite ich. Wichtig sind mir auch Fairness, Ehrlichkeit und Disziplin. Ohne Disziplin geht gar nichts - sich anstrengen, alles geben, für das, was man tut, gerade zu stehen. Respekt ist natürlich auch ein Schlüsselwort. Ich glaube zudem daran, dass man sich als Mensch positionieren muss. Dafür braucht man innere Klarheit, eine klare Vision und Mut.

Welche Tipps würden Sie jungen Studentinnen geben, die Familie und Karriere verwirklichen wollen?

Heute würde ich zunächst mal sagen: Suchen Sie sich einen Mann, der sich - ebenso wie Sie - ganzheitlich verantwortlich fühlt. Kindererziehung, Haushalt, Finanzen - das müssen sich beide irgendwie teilen. Ich finde es für Männer auch ehrlich gesagt ein Geschenk, eine gute Beziehung zu ihren Kindern aufbauen zu können. Nur, wenn beide anpacken, kann das gelingen. Es sollte meines Erachtens nach in einer modernen Familie keine strikte Rollenverteilung mehr geben.

Zweitens: Suchen Sie sich einen Job, ein Unternehmen oder ein Umfeld, in dem keine reine Männerwirtschaft herrscht. Viele Männer auf einem Haufen tendieren dazu, den Macho heraushängen zu lassen. Das braucht kein Mensch und hilft auch niemandem weiter - auch nicht den Männern.

Drittens: Empfinden Sie Ihr Muttersein im Job niemals als Nachteil. Sie werden so wahrgenommen, wie Sie sich fühlen. Also seien Sie stolz darauf, eine arbeitende Mutter zu sein. Kommentare über Ihr Mutterdasein haben im Job nichts verloren. Das muss man gleich klarstellen. Mutter zu sein, ist ein Geschenk, es ist ein Privileg und bringt Reife. Für den Job kann das höchstens Vorteile bringen: Wer weniger Zeit hat, arbeitet effektiver. Wer weiß, was wirklich wichtig ist, hält sich nicht mit unnötigem Kleinkram auf.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten: Welche wären das?

Gesundheit für die Menschen aus meinem engsten Umfeld, also Familie und Freunde.

Außerdem ein starkes Europa – ein Europa, welches zusammenwächst und zusammen bleibt. Ich finde, dass Europa so ein wunderschöner Kontinent ist und würde mir von Herzen wünschen, dass der Zusammenhalt eines Tages wieder stärker wird. Ich will, dass meine Kinder und Enkelkinder in dem Europa leben können, in dem ich aufgewachsen bin. Außerdem natürlich Frieden unter den Menschen auf der Welt. Wir könnten gemeinsam so viel mehr schaffen, wenn wir kooperieren und uns nicht die Köpfe einschlagen würden! Das impliziert sicher auch, dass wir unseren Konsum in jeglicher Hinsicht einschränken müssen - auch das Thema Umwelt bekommen wir nur in den Griff, wenn wir aufhören, ständig nur zu kaufen und Ressourcen unnötig zu verbrauchen.

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